Die Haard in der postmodernen Heimatgeschichte. Identifikation nicht nur für Petriner

10. Nov 2021 Zurück zu Aktuelles

Der Vortrag mit dem Titel „Was wir heute aus einer postmodernen Heimatgeschichte lernen können, am Beispiel der Haard“ am Freitag, 05.11.2021, war der sechste der Jubiläumsreihe „Studium Generale Petrinianum“. Prof. Dr. Marko Demantowsky (Universität Wien) nahm sich dabei vor die Haard, das vor unserer Haustür liegende Waldgebiet der Haard, das uns allen als Naherholungsgebiet liebgeworden ist, auf seinen Identifikationswert hin zu untersuchen: Ist die Haard ein Identifikationspunkt oder eine Bezugsgröße unserer eigenen historischen Verortung?

Das Vorgehen seiner Untersuchung orientierte er dabei am Motto der Geschichtswerkstätten der Siebziger Jahre: „Grabe, wo du stehst.“ Und selten ist dieser Leitspruch wörtlicher zu nehmen gewesen. Tatsächlich verließ der Referent den Bereich der uns heute sichtbaren Waldlandschaft und führte das Auditorium in einem Parforceritt durch die Erdgeschichte; er verfolgte den Wandel der Landschaft durch die tektonischen Abschnitte der Erdzeitalter. Aus dieser Entwicklung kann auch die Entstehung der markanten Hügellandschaft und der Erhebung des Stimbergs durch die Mischung von Kieselsäure mit Eisenverbindungen, die zur Zementation führt, abgeleitet werden.

Der in der Literatur vertretenen These, dass die Geschichte der Haard mit der Christianisierung beginne, konnte er im Folgenden anschaulich widerlegen. Auch was die Menschheitsgeschichte angeht, konnte er bereits Hügelgräber nachweisen, was für eine menschliche Nutzung des Gebiets spricht, die sich schon früh der besonderen Hügellage angenommen hat. Das römische Feldlager bei Haltern ist dabei nur ein weiterer Beleg für die strategische Lage, die der Wald dabei als Rückzugsort hat.

Die immer intensiver werdende Nutzung des Forsts führte bereits im frühen 18. Jahrhundert zur annähernd kompletten Abholzung des Waldes, sodass für diese Zeit von einer wüsten Ödnis ausgegangen werden kann. Neue forstwirtschaftliche Konzepte, zunächst die Kiefern, da diese den schnellsten Wachstum versprachen, wurden regelmäßig immer neuen Anforderungen an klimatische Bedingungen angepasst. Nach dem Übergang des Eigentums an der Haard von der Montanindustrie in die öffentliche Hand, heute dem RVR, wurde die Haard erst mit Freizeitangeboten, Lehrpfaden und seinem Erholungswert zu dem Naherholungsgebiet des Vestischen Kreises und natürlich auch Recklinghausens. Für die Identifikation des postmodernen Menschen ist sie auch zukünftig nicht mehr wegzudenken.

Die rege Diskussion der gespannten Zuhörerschaft im Anschluss an den Vortrag ist ein Beleg für den Nerv, den Prof. Demantowsky bei unseren lokal gesteuerten Interessen getroffen hat. Auch an dieser Stelle sei ihm nochmals herzlich für den interessanten Abend gedankt.

Von: Dr. Marco Zerwas