Journalistin und Jahrhundert-Zeitzeugin: Ruth Weiss im Gespräch mit der Klasse 9c

09. Jul 2021 Zurück zu Aktuelles

„Vor allem bleibt mir in Erinnerung, wie Ruth durch die Nationalsozialisten von einer akzeptierten Mitschülerin von heute auf morgen zu einem verhassten Mädchen wurde“, fasste eine Schülerin die eindrücklichen Schilderungen der fast einhundertjährigen Frau zusammen, die sich am 30.06.2021 viel Zeit für eine intensive Begegnung mit den Petrinerinnen und Petrinern genommen hatte.

Ruth Weiss, 1924 in Fürth geboren, gelangte 1936 auf einem Frachtschiff mit weiteren jüdischen Geflüchteten nach Südafrika: „Es war eine Befreiung aus der Angst, als meine Familie Deutschland verlassen hat.“ So schilderte sie zuvor äußerst eindrücklich und emotional, wie sich unmittelbar nach der Machtübernahme Adolf Hitlers 1933 all ihre Klassenkameraden von ihr als Jüdin abwandten, sie fortan allein in der Schulbank saß, sie ihr geliebtes Poesiealbum mit all den Freundschaftsbekundungen enttäuscht fortwarf, ihr die Erinnerungen an die Drangsalierungen ihrer Schwester immer noch den Gestank des Unrats in die Nase treiben.

Ihren klaren Worten folgten die gespannt lauschenden Schülerinnen und Schüler, mal verlas auch ihr Begleiter Lutz Kliche Erinnerungen aus Ruths Biografie oder unterstützte ihre Schilderungen mit verschiedenen Bildern, mal waren beide im Gespräch über ihre Vita.

„Man fasst kein schwarzes Kind an!“ war der Satz, der Ruth als erste – zunächst noch ahnungslose – Begegnung mit der Apartheid in Südafrika in Berührung brachte. Als 1948 die Nationalisten die Wahlen gewannen und durch diverse Gesetze schwarze und indischstämmige Südafrikaner in allen Bereichen des öffentlichen Lebens systematisch diskriminierten, waren es diese Äußerung und die persönlichen Erfahrungen in Deutschland, die Ruth Weiss seit 1960 als Journalistin schließlich in engem Kontakt mit Nelson Mandela engagiert gegen das Unrecht der Apartheidpolitik schreiben ließen.

„Aus der Begegnung mit Frau Weiss und Herrn Kliche nehme ich für mich mit, dass Rassismus und Antisemitismus aus Unsicherheiten oder gesellschaftlicher Instabilität resultieren“, resümiert ein Schüler, „man sollte offen miteinander reden und sich darauf einlassen, Menschen vorurteilsfrei kennenzulernen.“

Von: Gesa Sebbel