„Kann eine KI lügen? Ja, das kann sie durchaus“ - Vortrag von Prof. Dr. Christian Kuhlmann über künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

06. May 2023 Zurück zu Aktuelles

Künstliche Intelligenz und Formen maschinellen Lernens sind keine Erfindungen des 21 Jahrhunderts. Die Geschichte der Rechenmaschinen geht bis in die Antike zurück. Die Geburtsstunde der Forschung rund um die künstliche Intelligenz im modernen Sinne hat ihren Ursprung in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Erst durch einen massiven Fortschritt in der Bereitstellung von Rechenkapazitäten vor allem durch GPUs mit Mehrkernprozessoren seit ca. 2010 sind jedoch die rasanten Fortschritte möglich gewesen, die seit einigen Monaten beispielsweise durch den Chatbot ChatGPT des Anbieters OpenAI den gesellschaftlichen Diskurs weltweit bestimmen. Dabei ist die Grundidee künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens anhand künstlicher Neuronen mathematisch relativ simpel zu umreißen, da die Entscheidungen, die ein einzelnes künstliches Neuron trifft, letztlich nur auf einer linearen Approximation beruhen. Die Parameter dieser Approximation werden durch Verifikation und Falsifikation der Antwortversuche der KI von Neuron zu Neuron und von Layer zu Layer innerhalb eines großen neuronalen Netzes dabei mittels Matrizenmultiplikation immer wieder neu gewichtet, so dass sich die Antworten schrittweise verbessern, also die KI schrittweise dazulernt. Nun ist die schiere Größe der mittlerweile zur Verfügung stehenden neuronalen Netze der entscheidende Faktor, denen KIs aktueller Prägung ihre Fähigkeiten verdanken. Mithilfe der zur Verfügung stehenden riesigen Rechenkapazitäten können diese Netzte nicht weniger riesige Datenmengen verarbeiten und mithilfe milliardenfacher Parameter und deren milliardenfacher Anpassung in einem immer weiter fortschreitenden Lernprozess den Leistungsstand erreichen, den wir aktuell anhand KI-generierter Texte, Bilder, Audios und Videos staunend bewundern. Gerade diese Masse mannigfach vernetzter einzelner Neuronen führt aber wie bei einem Blick in ein menschliches Gehirn dazu, dass der einzelne Entscheidungsprozesss, der konkrete Vorgang vom Input bis zum Output der KI nicht nur für den Laien wie Zauberei anmutet, sondern auch für Profis letztlich kaum mehr nachvollziehbar ist.

Diese informatischen und mathematischen Grundlagen hat Prof. Dr. Christian Kuhlmann im Rahmen des Studium Generale Petrinanum am 03.05.2023 einem breitem Publikum in der Petriner Aula vorgestellt. In der lebhaft geführten Diskussion im Anschluss an den Vortrag wurde deutlich, dass die mitunter schon gespenstisch anmutenden Fähigkeiten moderner KIs dabei kein Grund zur Sorge oder gar Angst sein sollten. Wie bei jeder neuen technischen Errungenschaft, bei jeder neuen Technologie in der Geschichte der Menschheit sind wir nun aber als Gesellschaft und als einzelnes Individuum vor die Herausforderung gestellt, einen angemessen Umgang und eine angemessen kritische Haltung gegenüber dieser neuartigen Technologie auszuloten. Ethische Fragestellungen, mögliche Gefahren der Konzentration dieser Technologie in den Händen weniger privater Großkonzerne, aber auch Auswirkungen der nun erst beginnenden Durchdringung weiter Teile der Gesellschaft durch KI-Anwendungen beispielsweise auf die zukünftige Arbeitswelt waren Aspekte, denen das Publikum gemeinsam mit Dr. Kuhlmann nachspüren durfte. Man war sich am Ende des Abends einig: Dieses Thema wird uns weiter beschäftigen und ein Abend wie dieser, an dem wir mehr über die Hintergründe dieser Technologie erfahren und in den Austausch miteinander treten können, kann ein Anfang für einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über den zukünftigen Umgang mit Möglichkeiten und Grenzen künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens sein.

Der Recklinghäuser Dr. Christian Kuhlman studierte nach seinem Abitur am Freiherr-vom-Stein Gymnasium an der Universität Dortmund Mathematik und Informatik und promovierte an der Ruhr-Universität Bochum in Mathematik zu Themen des „Maschinellen Lernens“, einem Teilgebiet der „Künstlichen Intelligenz“. Nachdem er zuvor bereits hat er fast eine Dekade lang am Standort Recklinghausen Westfälischen Hochschule lehrte, wurde er 2018 ebenfalls an der Westfälischen Hochschule am Standort Gelsenkirchen auf die Professur für Mathematik und Informatik im Studiengang Fachbereich Elektrotechnik und angewandte Naturwissenschaften berufen.

Von: Michael Rembiak