Wie kann der Einsatz für Bacabal eine Vita prägen? Zu Besuch bei Dr. Heino Böker

24. Jul 2020 Zurück zu Aktuelles

„Ich war kein Super-Öko“, erzählt Heino Böker drauflos, „im Gegenteil: Ich habe mich in so mancher Pause geprügelt!“ Aber in der Mittelstufe habe er sich gesagt: „Ich muss ja auch mal etwas Vernünftiges machen!“ – und sich dem gerade entstandenen „Dritte Welt-Kreis“ um den damaligen Petriner Lehrer Ulrich Lüke angeschlossen. Zwei Jahre nach seiner Gründung 1985 beginnt dieser ein Schulprojekt der Franziskaner in brasilianischen Bacabal zu unterstützen. Was daraus am Petrinum wird, ist Geschichte.

Wie sehr der Arbeitskreis nun zu Bökers heutiger Gewaltlosigkeit beigetragen hat, sei dahingestellt. Fest steht aber: Ohne ihn wäre die Vita des Petriners (Abi ’88) in wohl völlig anderen Bahnen verlaufen.

Es muss der Brasilientag am Petrinum im März 1988 gewesen sein, an dem Böker zum ersten Mal Hermann Wessenbom begegnet. Dieser berichtet hier als Franziskaner-Missionar der Schulgemeinde aus erster Hand von Leben und Alltag der Menschen im Nordosten Brasiliens. „Alle wollten damals nach dem Abi erstmal in die USA fliegen. Ich habe gedacht: ‚Ich möchte mir das in Bacabal und Umgebung mal selbst ansehen‘“. Gesagt – getan: Wenig später steht der heutige Bänker mit Rechtsanwaltszulassung bei Wessenbom alias ‚Frei (dt.: Bruder) Hermano‘ „auf der Matte“ vor dem Gemeindehaus in Bacabal. Für ein paar Wochen begleitet und unterstützt er ihn – bei seiner Arbeit in Bacabal und den Besuchen der Basisgemeinden in der Umgebung. Aus diesem ersten Besuch werden einige – „wohl 25 Mal war ich seitdem in Brasilien“, erzählt Böker in unverkennbarem ‚Ruhri‘-Einschlag an der bayerisch-schwäbischen Kaffeetafel mit seiner Frau Bettina und Kindern. Und das nicht nur zum Vergnügen: Nach dem Jurastudium in Münster promoviert er über die Stellung des Anwalts im brasilianischen Recht – und verbringt dafür ein halbes Jahr in den Universitätsbibliotheken São Paolos. Und als einer seiner ersten Arbeitgeber in Marl davon erfährt, freut er sich, seinen neuen Kollegen für die brasilianische Dépendance einzuspannen. Nach vielen Ortswechseln (Zürich, Hamburg, München) ist Böker heute im Städtchen Friedberg bei Augsburg angekommen und weiß: Dieses besondere Verhältnis zu Brasilien und das fließende Portugiesisch „haben mir so manche Tür geöffnet“. Doch die alten Bande halten noch immer: Weder ist der Kontakt nach Brasilien abgerissen, noch der zu seinem spiritus rector Lüke („Er hat uns getraut und unsere Kinder getauft!“), noch der nach Recklinghausen: Viele Male im Jahr fahre er zu seiner Mutter nach Speckhorn, um Elternhaus und Garten in Schuss zu halten.

Sicher: Nicht bei jeder, die sich in der Eine-Welt-AG engagiert, fügen sich schulisches Engagement, berufliche Vita und das berühmte Quäntchen Glück so, wie bei Heino Böker. Aber wir dürfen gespannt sein: Was mögen die jetzigen Bacabal-Enthusiasten in 30 Jahren über die Langzeitwirkung ihres Engagements erzählen?

Von: Martin Willebrand