Dr. Carl Still-Preis
Aus Anlass des Schuljubiläums (100 Jahre Abitur am Gymnasium Petrinum) stiftete Dr. Carl Still 1929 einen Preis, der der wissenschaftlichen Förderung der Schüler dienen sollte. Das Einlagekapital betrug 10.000 RM, und mit dem Zinsertrag wurden jährlich Arbeiten ausgezeichnet, in denen ein Unterrichtsthema selbständig ausgeweitet und vertieft wurde. Beurteilt wurde diese Arbeit durch den Fachlehrer, der auch in den Monaten vorher die Begleitung und Beratung des Schülers übernahm. Bei den Kriterien für die Preisvergabe hatte sich in den vergangenen sieben Jahrzehnten manche Veränderung ergeben: Anfänglich stammten die Arbeiten ausschließlich aus dem Bereich der Naturwissenschaften, später wurden dann alle Fächer einbezogen. Die Bindung an die Einzelleistung wurde ebenfalls aufgegeben und die gemeinsame Arbeit zweier oder mehrerer Schüler honoriert. Trotz aller Anpassungen ist aber ein Gemeinsames geblieben: Wer den Still-Preis erhält, bringt eine aussergewöhnliche Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit mit und dieser Erfolg bietet sicherlich gute Voraussetzungen für den späteren Studien- oder Berufsweg.
Der Preis besaß früher eine hohe Attraktivität und bei den Treffen mit den Jubilarjahrgängen kann man feststellen, welchen Stellenwert er für die Preisträger selbst und ihre ganze Klasse hatte. In den beiden letzten Jahrzehnten hat das Interesse jedoch nachgelassen, und es vergingen manchmal mehrere Jahre, bis wieder eine anspruchsvolle Arbeit eingereicht wurde. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen, wir möchten uns hier jedoch auf einige wesentliche Aspekte beschränken:
Die Einführung des Kurssystems in der gymnasialen Oberstufe hat den Schülern die Chance geboten, den individuellen Neigungen und Begabungen auch im Normalunterricht nachzugehen. Damit wurde allerdings der geschlossene Lernraum aufgegeben und mit ihm die gemeinsame Lern- und Leistungsperspektive.
Für die Studierfähigkeit wird eine selbständige Arbeitsleistung dieser Art auch weiterhin von besonderer Bedeutung sein, unter dem Druck des Numerus Clausus erhält aber die Gesamtuote das entscheidende Gewicht. Die Ziffer hinter dem Komma zählt mehr als Inhalte und Werte.
Der Zeitgeist nach 1968 stand einer herausragenden Einzelleistung distanziert gegenüber, da man durch sie Loyalitäten und gemeinsame Bewusstseinsbildung bedroht sah. Und auch die Pädagogik orientierte sich neu und gab Lernverfahren den Vorzug, die auf den Partner, das Team oder die Gruppe setzten. Trotz oder gerade wegen dieser Probleme haben wir weiterhin für diesen Preis geworben und an seiner Zielsetzung festgehalten und wir sind heute froh darüber, dass die Kette nicht abgerissen ist. Viele Zeichen deuten auf eine Trendwende hin und es gibt gerade zu diesem Zeitpunkt einen doppelten Anlass für eine optimistische Prognose: Herr Dr. Carl-Otto Still, der Enkel des Stiftungsgründers, hat das Grundkapital in den vergangenen Jahren um 20.000 DM erhöht. Die Familie Still hat diese Stiftung über drei Generationen engagiert begleitet und so dazu beigetragen, dass sie ihr 70jähriges Bestehen feiern konnte; durch die erneute Zuwendung ist die finanzielle Substanz sicherlich langfristig gesichert. Dafür gilt der Familie Still die ganz besondere Dankbarkeit unserer Schule.
Herr Dr. Carl-Otto Still, hat erneut das Stiftungskapital um 10.000 € erhöht. Ganz besonders erfreut hat es uns, dass er bei der Preisverleihung 2007 persönlich gesprochen hat.
Nach seinem Tod im Jahr 2013 übernahm seine Tochter Frau Stephanie Still, selbst ehemalige Petrinerin und mittlerweile als Architektin in Recklinghausen tätig, den Vorsitz der Still-Stiftung und ist zu den Preisverleihungen in unserem Hause stets gern gesehener Gast. Gemäß aktuell gültiger Satzung können Schülerinnen und Schüler mit dem Still-Preis ausgezeichnet werden, die sich durch deutlich über das Normalmaß hinausgehende akademisch-wissenschaftliche oder sportliche Leistungen, künstlerische, musische oder kreative Beiträge bzw. ein besonderes soziales Engagement im Schulleben ausgezeichnet haben. Es können sowohl einzelne Schülerinnen und Schüler als auch Gruppen ausgezeichnet werden.
Verleihung des Dr. Carl Still-Preises 2023
Am 19. Dezember wurde der Dr. Carl Still-Preis am Gymnasium Petrinum an Mika Wolff verliehen, der mit seiner wissenschaftlichen Arbeit unter dem Titel „Kohle schafft Heimat: Die ,Alte Kolonie Suderwich‘ “ nicht nur die Jury beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten in diesem Jahr, bei dem sie bereits den Landessieg und einen Dritten Preis auf Bundesebene erreichte. Nun wusste sie auch den Vorstand der Dr. Carl Still-Stiftung zu überzeugen.
In seiner Arbeit beschäftigte sich Mika Wolff aus der Stufe Q2 des Petrinum mit der Frage, wie Bergarbeiterfamilien in der Zechensiedlung während der Ära der Zeche König Ludwig (1900 bis 1965) in Recklinghausen lebten und wohnten. Mika Wolff hat damit nicht nur eine spannende Arbeit über Suderwich geschrieben, sondern darüber hinaus ein wichtiges Stück Lokalgeschichte sichtbar gemacht. Faszinierend und nachvollziehbar zugleich führte der Preisträger im Rahmen einer Feierstunde in der Petriner Aula in die Ergebnisse seiner Arbeit ein und gab Einblicke darin, die die Menschen Suderwich früher gelebt haben und wie Integration damals stattfand. Sein Tutor und gleichzeitig Laudator Dr. Marco Zerwas lobte den wissenschaftlichen Ansatz, der der Arbeit zugrunde liegt, und zollte der akribischen und sorgfältigen Arbeitsweise Respekt. Unzählige Stunden des Studiums in lokalen Archiven und in Interviews mit Zeitzeugen galt es für den Preisträger zu absolvieren - Stunden die sich aber auch für Mika Wolff gelohnt haben. Denn auch er geht nun wie alle Zuhörerinnen und Zuhörer im Rahmen der Feierstunde anders durch Suderwich, kennt die ganz eigene Geschichte so mancher Häuser und Straßenzüge und weiß davon beredt Zeugnis abzulegen.
v.l.n.r: Stellv. Bürgermeister Marita Bergmaier, Stiftungsvorstand Stephanie Still, Preisträger Mika Wolff, Schulleiter Michael Rembiak
Die Ur-Enkeltochter von Dr. Carl Still und Vorstand der Stiftung, Stephanie Still, überreichte den Preis und dankte Mika Wolff für diese Arbeit, die eng mit der Geschichte der Familie Still und des Preisstifters Dr. Carl Still verbunden ist. So entführte Stephanie Still in ihrem Grußwort in die eigene Familiengeschichte und berichtete darüber, wie eng das Familienunternehmen Still gerade in seinen Anfangsjahren mit der Zeche König-Ludwig verflochten war. Einen würdigeren Preisträger des mit 500€ dotierten Dr. Carl Still-Preis 2023, den Frau Still am Ende der Feierstunde übergab, kann es damit auch aufgrund der inhaltlichen Nähe zum Preisstifter kaum geben - herzlichen Glückwunsch und an Mika-Wollf, Preisträger des Dr. Carl Still-Preises 2023.
Auch die stellvertretende Bürgermeisterin, Frau Marita Bergmaier und der Schulleiter Herr Michael Rembiak dankten dem Preisträger Mika Wolff für seine hervorragende Arbeit und sein Engagement um die Lokalgeschichte Recklinghausens
Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung von Jazz-Improvisation, vorgetragen von Adrian Buskies (Klasse 10A) am Flügel.