Studium Generale Petrinianum Jahrgang I (2021)


Prof. Dr. Rejko Krüger (Universität Luxemburg): Die Bedeutung der Gen-Forschung für die Diagnose und Therapie der Parkinson-Krankheit

Im Gegensatz zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen, wie der Alzheimer-Demenz, tritt die Parkinson-Krankheit immer häufiger auf, so dass sich die Anzahl betroffener Patienten in den nächsten 20 Jahren weltweit verdoppeln wird. Gerade bei der Erforschung möglicher genetischer Ursachen sind in den letzten 20 Jahren bedeutende Fortschritte gemacht worden, so dass inzwischen eine erhebliche Anzahl von Genen bekannt ist, in denen Mutationen die Parkinson-Krankheit verursachen können. Das erste in diesem Zusammenhang identifizierte Krankheitsgen, das alpha-Synuklein, hat sich dabei zum Rosetta Stein für das Verständnis der molekularen Grundlagen der Neurodegeneration bei der Parkinson-Krankheit entwickelt. Die dabei erzielten Erkenntnisse dienen nicht nur den wenigen Familien weltweit, bei denen Mutationen in diesem Gen zu Parkinson führen. Es wurde gezeigt, dass sich das durch dieses Gen kodierte Eiweiss in den Gehirnen aller Parkinson-Patienten (auch ohne Mutation) anhäuft und so zur Erkrankung beiträgt. Somit ergeben sich durch die genetische Forschung der letzten 20 Jahre erstmals Möglichkeiten, die zu einem Stopp oder zumindest einer Verlangsamung der zugrundeliegenden Neurodegeneration führen können.

Rejko Krüger ist Professor für Klinische und Experimentelle Neurowissenschaften am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine der Universität Luxemburg und Direktor für Transversale Translationale Medizin am Luxembourg Insitute of Health.). Seine klinische und Grundlagen-wissenschaftliche Forschung der letzten 20 Jahre spiegelt sich in mehr als 150 wissenschaftlichen Publikationen mit mehr als 20.000 Zitierungen wieder. Vor seiner Zeit in Luxemburg war Prof. Krüger als Leitender Oberarzt und apl-Professor für Neurologie am Zentrum für Neurologie (Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen) der Universitätsklinik Tübingen und Leiter des Labors für Funktionelle Neurogenomik am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen tätig. Prof. Krüger studierte Medizin an der Ruhr-Universität Bochum und der Université Louis Pasteur in Strasbourg, Frankreich. Seine Spezialisierung in Neurologie absolvierte er an den Neurologischen Universitätsklinika der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Tübingen. Von 1996 bis 2000 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Neurologischen Klinik und der Abteilung für Molekulare Humangenetik der Ruhr-Universität Bochum tätig. 2001 wurde er zum Nachwuchsgruppenleiter am Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung in Tübingen ernannt. Im gleichen Jahr erhielt er den Nationalen Forschungspreis der Deutschen Parkinson Vereinigung (dPV). Seit 2019 leitet Prof. Krüger das National Center for Excellence in Research on Parkinson’s disease in Luxemburg als interinstitutionelles Forschungsprogramm. Er ist Koordinator des ParkinsonNet Luxemburg, ein nationales integriertes Versorgungskonzept für die Parkinson-Krankheit. Im Rahmen der aktuellen COVID-19 Pandemie leitet Prof. Krüger als Direktor für Transversale Translationale Medizin am Luxembourg Institute of Health eine nationale Kohorte zur Prävalenz und Dynamik der SARS-CoV-2 Pandemie in Luxembourg.

Prof. Dr. Eric Achermann (Westfälische Wilhelms Universität Münster): Wieso lesen wir? Zur Bedeutung von Literatur und literarischem Wissen im schulischen Unterricht

Seit jeher ist der Literatur ein Ort in den Lehrplänen sicher. Wer ein sprachliches Fach an einer Schule lehren will, der oder die kommt in Deutschland um ein universitäres Studium der Literatur nicht herum. Kernlehrpläne garantieren den Erwerb umfassender Kompetenzen sowie ein Minimum an kanonischen Texten, das in den jeweiligen Jahrgängen gelesen werden muss. Dies alles steht im Zeichen einer Persönlichkeit, der zu freier Entfaltung verholfen wird – eines Grundrechts also. Doch inwiefern trägt Literatur „durch die Entwicklung eines kulturellen Gedächtnisses“ zur „aktive[n] Teilhabe am kulturellen Leben“ und „zur Persönlichkeitsbildung mit dem Ziel eines erweiterten und vertieften Selbst- und Weltverständnisses bei“? Erfüllt Literatur, falls sie es jemals getan hat, heute diese Aufgabe noch?

Eric Achermann (geb. 1962 in Wädenswil, Kanton Zürich): Auf das Studium der Germanistik, Romanistik und Geschichte in Bern und Paris folgte eine langjährige Assistenzzeit an der Universität Bern, wo er 1994 über die Beziehung von Geldwert- und ästhetischer Theorie promovierte. Im Jahr 2000 habilitierte er daselbst mit einer Arbeit zur Geschichte der europäischen Autobiographie in der Frühen Neuzeit (1450 bis 1820). In der Folge nahm er mehrere Lehrstuhlvertretungen wahr und leitete das vom Schweizer Nationalfonds geförderte Projekt ‚Ordo naturalis und ordo artificialis‘, bevor er 2004 einem Ruf an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster folgte. Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen in der Frühen Neuzeit, wo er sich hauptsächlich mit dem Verhältnis zwischen Literatur und der Geschichte des Wissens beschäftigt. Darüber hinaus ist er der Verfasser einer Reihe theoretischer Arbeiten, insbesondere zur Fiktionalitäts-, Autobiographie-, Epochen-, Interpretations- und Modelltheorie. Er ist Vorstandmitglieds des Sonderforschungsbereichs ‚Recht und Literatur‘, des Zentrums für Wissenschaftstheorie und der Grimmelshausen-Gesellschaft. Seit 2013 ist er gemeinsam mit Johann Kreuzer und Johannes von Lüpke Mitherausgeber der ‚Hamann-Studien‘, seit 2016 gemeinsam mit Janina Reibold Ko-Leiter des ‚Internationalen Hamann-Kolloquiums‘. Im Sommersemester 2020 wurde Prof. Achermann zu einer weiteren Amtszeit von vier Jahren als Dekan des Fachbereichs Philologie der WWU Münster gewählt.

Dr. Fritz Caspers (CERN): Physik am CERN: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

Die Motivation für die Grundlagenforschung im Bereich der Hochenergie Physik lässt sich eigentlich mit den bekannten Worten zusammenfassen ”Verstehen was die Welt im Innersten zusammenhält”. CERN (als Abkürzung von Conseil European pour la Recherche Nucleare) wurde 1954 mit der Absicht gegründet einem immer noch z.T in Trümmern liegenden Europa ein gemeinsames Forschungsinstitut auf diesem Gebiet zu geben. Im Vortrag wird die Geschichte des CERN erläutert und wie es aus recht kleinen Anfängen inzwischen zu einem der wirklich grossen Einrichtungen dieser Art weltweit geworden ist. Dieses “Europäïsche Laboration für Hochenergiephysik” hat seit seiner Gründung wesentliche Beiträge auf dem Gebiet geleistet. Hier ist auch das “World Wide Web” welches vor ca 30 Jahren im CERN “geboren ”wurde, zu nennen und als “spin off” der Grundlagen Forschung eine wichtigen Einfluss auf die Gesellschaft hat. Im Vortrag werden nach einer Übersicht der Anlagen einige “highlights” genannt und erläutert sowie der Versuch eines Ausblicks in die Zukunft gemacht.

Friedhelm (Fritz) Caspers stammt aus Bonn ( geb. 1950) und hat das Studium der Elektrotechnik an der RWTH Aachen 1975 als Dipl. Ing. abgeschlossen. Anschliessend promovierte er an der Ruhr Universität Bochum (Institut für Hoch- und Höchstfrequenztechnik) wo er auch als wissenschaftlicher Assistant in Lehre und Forschung tätig war, mit “summa cum laude” im Jahre 1982. Danach begann seine Tätigkeit im CERN zunächst als “CERN fellow” und anschliessend als “staff member”. Arbeitsgebiete beinhalten Hochfrequenztechnik, stochastische Strahlkühlung, elektromagnetische Verträglichkeit sowie Material- und “Electron cloud” Forschung. Nach der formellen Pensionierung 2015 als “sensior scientif staff” arbeitet er weiterhin am CERN in einer Art “emeritus “Position . Er ist Autor oder Co-Autor von ca 400 wissenschaftlichen Publikationen sowie ca 30 Patenten oder Patentanmeldungen sowie Gutachter bei zahlreichen Fachzeitschriften . Kürzlich wurde ihm von IEEE der Titel “IEEE Life fellow “verliehen.

Prof. Dr. Thomas Schüller (Westfälische Wilhelms Universität Münster): Im Staat ein Demokrat, in der Kirche Monarchist? Zur Frage der Demokratisierung der katholischen Kirche

„Demokratie und katholische Kirche vertragen sich nicht“: so eine oft zu hörende These, die davor warnt, die hierarchisch in Form einer absolutistischen Wahlmonarchie strukturierte, allein von geweihten Männern regierte römisch-katholische Kirche an demokratische Verfassungsmodelle anzupassen. Im Vortrag wird es darum gehen, wie kirchenrechtlich verstärkt Partizipation aller Gläubigen an kirchlichen Entscheidungsprozessen mit dem Stichwort Synodalität, die nach Papst Franziskus das zentrale katholische Prinzip ist, bereits möglich ist und auf Zukunft noch verstärkt zur Anwendung kommen kann. Zudem wird zur Sprache kommen, wie die Gewalteneinheit in der Hand des Papstes und der Diözesanbischöfe auf Zukunft zu einer Gewaltenunterscheidung ausgebaut werden kann, die sich dem Prinzip der Gewaltenteilung und entsprechender gerichtlicher Kontrolle in einem demokratischen Verfassungsstaat annähern kann.

Thomas Schüller (geb. 1961 in Köln): Studium der Katholischen Theologie und Kirchenrechtswissenschaft in Tübingen, Innsbruck, Bonn und Münster. 1991 Promotion zum Dr. theol. in Bonn, 1994 Promotion zum Lic.iur.can. in Münster; 2004 Habilitation in Vallendar mit der venia legendi für Kirchenrecht und kirchliche Rechtsgeschichte.Von 1988 bis 31.3.1991 zunächst wissenschaftliche Hilfskraft, ab dem 1.9.1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kirchenrechtlichen Seminar der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn, ab dem 1.4.1993 bis zum 31.1.2009 Leiter der Abteilung Kirchliches Recht im Bischöfliches Ordinariat Limburg und zugleich Bischofsnotar sowie ab diesem Zeitpunkt Kirchenanwalt am Bischöflichen Offizialat Limburg; zusätzlich von 1997 bis 2001 Persönlicher Referent von Bischof Franz Kamphaus. Ab dem 1.2.2009 Direktor des Instituts für Kanonisches Recht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster und zugleich Universitätsprofessor für Kirchenrecht und kirchliche Rechtsgeschichte.

Dr. Tobias Budke (Westfälische Hochschule): Neue Sprachen im Vergleich

Was haben Englisch, Swahili und Russisch gemeinsam? Gibt es leichte und schwere Sprachen? Und warum sind sich manche Sprachen ähnlicher als andere? Nicht nur diese Fragen werden in diesem Vortrag behandelt, in dem es um einen Vergleich zwischen lebenden Sprachen unter zahlreichen Aspekten geht, etwa der Verbreitung, der phonetischen und grammatikalischen Besonderheiten oder der Bedeutung für die globale Gemeinschaft. Dabei kommt viel Audio-Material zum Einsatz – und Überraschungen bezüglich mancher Unterschiede (und Gemeinsamkeiten!) sind garantiert.

Tobias Budke schloss sein Studium der Englischen Philologie, Romanischen Philologie und Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Jahre 2004 mit dem Magister Artium ab und promovierte 2012 in Englischer Philologie und Soziologie. Seine Dissertationsschrift wurde 2015 im Peter Lang Verlag veröffentlicht. Dr. Budke arbeitete von 2006 – 2016 an der WWU und ist seit 2017 an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen als Dozent für Englisch und Deutsch als Fremdsprache tätig. Dr. Budke hat zahlreiche Vorträge vor internationalem Publikum gehalten und neben seiner Dissertationsschrift eine Reihe von Artikeln veröffentlicht. Er ist Recklinghausen dadurch verbunden, dass sich das Sprachenzentrum der WH Gelsenkirchen am Standort Recklinghausen befindet, wo Dr. Budke auch sein Büro hat.

Prof. Dr. Marko Demantowsky (Universität Basel): Was wir heute aus einer postmodernen Heimatgeschichte lernen können, am Beispiel der Haard

Die kleine Kulturlandschaft der Haard, nur zehn Kilometer nördlich des Gymnasiums Petrinum gelegen und als Ausflugsziel der Familien ihrer Schülerinnen und Schüler geschätzt und viel genutzt, blickt auf eine uralte Geschichte zurück. Die historischen und naturhistorischen Spuren dieser Vergangenheit sind gut zu finden, wenn man sie zu suchen weiss. Jede Generation baut darüber hinaus neu ihre jeweils eigene biographisch verankerte Erinnerung zu diesem Raum kultivierter Natur neu auf, sie ist Hintergrund unzähliger privater Fotos in den grosselterlichen Alben oder heutigen Clouds. In welcher Beziehung stehen aber diese immer neuen individuellen Haard-Erinnerungen zur tatsächlichen Vergangenheit dieses Waldstücks? Was ist uns die Haard, und was könnte sie uns sein? Der Vortrag bietet einen Einblick in das, was eine postmoderne Heimatgeschichte zu leisten vermöchte. Er ist ein Plädoyer für eine historische Bildung, die ihre Gegenstände vor der eigenen Nase sucht.

Marko Demantowsky ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Pädagogischen Hochschule FHNW und dem Institut für Bildungswissenschaften der Universität Basel. Sein wichtigstes Forschungsgebiet ist der öffentliche Umgang mit Geschichte in der Vergangenheit und im Zeitalter der digitalen Transformation.

Dr. Wolfgang Polleichtner (Universität Tübingen): Genius loci, Genius saeculi: 600 Jahre altsprachlicher Unterricht am Petrinum

Latein und auch Griechisch gehörten in den vergangenen Jahrhunderten zum Lehrprogramm des Petrinum. Der altsprachliche Unterricht und die Erwartungen an ihn veränderten sich im Laufe der Zeit. Wie der Unterricht an unserer Schule und generelle Tendenzen sich hier gegenseitig erhellen und vielleicht einen Ausblick in die Zukunft ermöglichen, versucht dieser Vortrag aufzuzeigen.

Wolfgang Polleichtner war nach 1. Staatsexamen und Promotion von 2006 bis 2007 als Referendar am Petrinum eingesetzt und kehrte von 2011 bis 2016 als Lehrer mit den Fächern Griechisch, Latein und Deutsch zurück. Heute arbeitet er als Akademischer Oberrat an der Eberhard Karls Universität in Tübingen.

Dr. Matthias Kordes (Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen): Lateinschulen des Mittelalters

Die Keimzelle des heutigen Gymnasium Petrinum liegt in einer erstmals 1421 urkundlich erwähnten Lateinschule im Schatten von St. Peter zu Recklinghausen. Institutionengeschichtlich weiß man vergleichsweise wenig über die Lateinschulen des 14. und 15. Jahrhunderts. Die in ihren Anfängen wenig erforschte Entwicklung, die an den hochmittelalterlichen Kathedral- und Stiftsschulen ihren Ausgangspunkt nahmen, begann wohl in den norddeutschen (Hanse-) und breitete sich rasch auf die großen Städte des Reiches aus, wo es, wie z.B. in Nürnberg, sogar mehrere solcher – meist dreiklassigen – Lateinschulen gab, die auch überörtliches Renomée erlangten. Berühmt und dicht gesät waren seit dem 14. Jahrhundert die Lateinschulen sächsischer Städte. Der Geschichte dieser mittelalterlichen Lateinschulen bis hin zur Lateinschule in Recklinghausen soll in diesem Vortrag nachgegangen werden. Denn fest steht: Mit dem Dokument von 1421 beginnt die schriftliche Überlieferung einer Schule, die über das Franziskaner-Gymnasium des 18. Jahrhunderts bis zum Gymnasium Petrinum ab 1829/30 bis in die Gegenwart reicht. Die aus der Urkunde erschlossene Lateinschule bildete spätestens im frühen 15. Jahrhundert ein wichtiges Element von Urbanität im spätmittelalterlichen Recklinghausen.

Matthias Kordes (geb. 18. Juni 1961 in Neheim-Hüsten) erlangte 1980 am Quirinus-Gymnasium in Neuss das Abitur und studierte an der Universität zu Köln Geschichte, Germanistik sowie Historische Hilfswissenschaften und schloss dieses Studium mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe II ab. Mit einer Arbeit über die äußere Formensprache des päpstlichen Urkundenwesens im Hochmittelalter wurde er dort 1993 im Bereich Historische Hilfswissenschaften promoviert. Anschließend absolvierte er das Referendariat für den höheren Archivdienst am Staatsarchiv Detmold sowie an der Archivschule Marburg. Daran schlossen sich Tätigkeiten am Archiv des Erzbistums Köln sowie am Historischen Archiv der Stadt Köln (1996–2000) an. Im Januar 2001 übernahm er die Leitung des Stadt- und Vestischen Archivs Recklinghausen (jetzt: Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen). Kordes ist Herausgeber der Vestischen Zeitschrift und Schriftleiter des Vestischen Kalenders, seit 2004 auch Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen.

Mathias Richter (Staatssekretär im Ministerium für Schule und Bildung NRW): Aktuelle Tendenzen und Herausforderungen der Bildungspolitik

G9, Ganztag, Inklusion, Integration, Digitalisierung, Lehrermangel, Corona – und diese Liste der Tendenzen, Themen und Herausforderungen, mit denen sich die aktuelle Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen konfrontiert sieht, ließe sich noch fortsetzen. In seinem Vortrag berichtet Mathias Richter, Staatssekretär im Ministerium für Schule und Bildung NRW und Recklinghäuser Bürger, vom Umgang mit diesen Herausforderungen, den Perspektiven und Möglichkeiten, die er für die zukünftige Gestaltung der Bildungslandschaft in NRW sieht und welche Lehren sich aus den auch von ihm selbst mitverantworteten bildungspolitischen Reformprozessen und Entwicklungen der vergangenen Monate und Jahre für die Zukunft ziehen lassen.

Mathias Richter (geb. am 11. September 1967 in Hopsten (Westf.)) verheiratet, vier Kinder Schulbildung/Studium. 1988 Abitur am Gymnasium Private Bischöfliche Fürstenberg-Schule Recke. 1988-1995 Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 1995 Studienabschlus als Diplom-Volkswirt. 1997-2000 Jugendbildungsreferent beim Landesverband der Jungen Liberalen NRW e.V. 2000-2001 Referent der FDP-Landtagsfraktion NRW für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung, Medienpolitik, Sport und Kultur. 2001-2005 Leitender Referent in der FDP-Landtagsfraktion NRW. 2005-2008 Leiter des Kabinettreferates im Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW. 2008-2011 Leiter der Gruppe Finanzen, Personal, Organisationsentwicklung und Informationsmanagement im Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW. 2011-2017 Leiter der Gruppe Hochschulmedizin, Medizinforschung, Bauangelegenheiten der Universitätskliniken, Gleichstellung von Frau und Mann, Gender Mainstreaming. Seit dem 30. Juni 2017 Staatssekretär im Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW.

Prof. Dr. Karl-Heinz Otto (Ruhr-Universität Bochum): Geographie – das Kernfach für Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung

Im Vortrag werden zunächst die Hochschuldisziplin und das Schulfach Geographie beschrieben. Dabei sollen sowohl die Stärken des Faches als auch deren Alleinstellungsmerkmale herausgearbeitet werden. Daran anknüpfend werden die Konzepte der Nachhaltigen Entwicklung (NE) und der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) aus der Sicht der Geographie in den Fokus gerückt. Zum Schluss wird dann eine ausführliche Begründung dafür geliefert, warum die Geographie das Kernfach für NE und BNE in Hochschule und Schule ist.

Karl-Heinz Otto (geb. 11 März 1958 in Legden) studierte die Fächer Biologie und Geograhie für das Lehramt der Sekundarstufe I in Bielefeld und Münster (1. Staatsexamen 1982, 2. Staatsexamen 1985). Es folgte eine Dimplostudium Geographie (Schwerpunkt Physische Geographie und Landschaftsökologie mit den Nebenfächern Zoologie und Botanik) ebenfalls in Münster, dass er mit der Diplomprüfung 1988 abschloss. Nach der Promotion 1991 war er zunächst als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Didaktik der Geographie an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster tätig, wo er sich im Jahr 1997 habilitierte. 1997 bis 2000 lehrte er als Hochschuldozent am Institut für Didaktik der Geographie in Münster, bevor er in den Jahren 2000 bis 2004 die Vertretung der Universitätsprofessur für Physische Geographie und Geoökologie am Institut für Geographie der Universität Dortmund versah. Im Jahr 2004 folgte der Ruf als Universitätsprofessor für Geographiedidaktik am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2013 ist er Vorsitzender der Geographischen Kommission für Westfalen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster.

Prof. Dr. Jörg Breitkreutz (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf): Moderne Arzneimittel für Kinder

Kindgerechte Arzneizubereitungen sind eine Grundvoraussetzung für die effektive Arzneimitteltherapie von Krankheiten im Kindesalter. Viele bisher verwendete Arzneimittel werden den Bedürfnissen von Kindern verschiedener Entwicklungsstufen nicht gerecht. Kinder sind dabei nicht als einheitliche Patientengruppe zu betrachten. Von Neugeborenen über Kleinkinder, Schulkinder bis hin zu Jugendlichen verändert sich der Organismus ständig und damit auch die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der verabreichten Arzneistoffe. Eine wichtige Neuerung der letzten Jahre sind Arzneiformen, die den Arzneistoff in einer festen Form mit außerordentlich präziser Dosierung enthalten. Hier sind besonders Minitabletten und arzneistoffhaltige Filme zu nennen, die einfach verabreicht werden können. Selbst Neugeborene können diese modernen Arzneiformen bereits einnehmen, wie an unserer Universität in mehreren klinischen Studien gezeigt werden konnte. Oral verabreichte Arzneizubereitungen müssen dabei nicht unangenehm bitter oder salzig schmecken. Sie können auf den kindlichen Geschmack, der sich deutlich von den Vorlieben der Erwachsenen unterscheiden kann, abgestimmt werden. Applikationshilfen dienen dabei der bequemen und sicheren Verabreichung von Arzneizubereitungen. Derzeit werden weiterhin viele neue Kinderarzneimittel entwickelt, die in den kommenden Jahren wichtige Innovationen mit sich bringen werden. Neue zukunftsweisende Ideen und Konzepte aus meiner Arbeitsgruppe in Düsseldorf, wie z.B. die Herstellung von Arzneimitteln aus dem 2D- oder 3D-Drucker für die bedarfs- und kindgerechte Medikation, werden zum Abschluss des Vortrags vorgestellt.

Jörg Breitkreutz (geb. 1966 in Marl), legte 1985 das Abitur am Städtischen Gymnasium Haltern ab. Nach dem Zivildienst im Westfälischen Landeskrankenhaus für Kinder- und Jugendpsychatrie in der Haard studierte er von 1987 bis 1991 das Fach Pharmazie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 1992 erhielt er die Approbation als Apotheker und legte sein Diplom an der Universität Greifswald ab. Von 1992 bis 1996 promovierte er am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie in Münster- In den Jahren 1996 und 1997 war er als Leiter der Produktkoordination und Stellvertretender Herstellungsleiter bei der Thiemann Arzneimittel GmbH in Waltrop tätig. 1997 ging er zur Universität in Münster zurück, um 2004 zu dem Thema “Entwicklung kindgerechter Arzneizubereitungen“ zu habilitieren. Im selben Jahr nahm er einen Ruf auf die Professur für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf an. Seit 2010 ist er Präsident der Arbeitsgemeinschaft pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV), der größten Organisation pharmazeutischer Technologen und Industrieapotheker in Europa. Er leitet die Paediatric Formulation-Arbeitgruppe beim European Directorate for the Quality of Medicines and Healthcare in Straßburg, Frankreich. Seine Arbeitsgebiete betreffen die Entwicklung, Produktion und Testung neuer Kinderarzneimittel sowie Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs). Daneben beschäftigt er sich mit innovativen Technologien, die pharmazeutische Produktionsprozesse flexibler, sicherer, energie- und ressourcenschonender machen.

Tom Bergmann (Director of Photography): RINGSIDE - The real struggle lies beyond the ropes - Filmmatinee

Die South Side von Chicago ist berüchtigt für ihre Straßengangs und Schießereien. Für Kenny und Destyne bietet die Boxhalle einen Schutzraum, der sie vor der alltäglichen Gewalt und Kriminalität abschirmt. Angespornt von ihren ehrgeizigen Vätern, wird der Ring für die beiden zum Gefängnis, das ihnen keinerlei Freiheiten lässt. Gleichzeitig ist das Boxen ihre einzige Aussicht, jemals aus den Verhältnissen auszubrechen – wenn sie nur talentiert und diszipliniert genug sind. Acht Jahre lang haben Regisseur André Hörmann und Kameramann Tom Bergmann die beiden Jugendlichen auf ihrem steinigen Weg zwischen Hoffnung und Rückschlägen begleitet und ein dichtes und emotionales Porträt geschaffen, das von verschiedenen Arten erzählt, sich in einer komplexen Welt zu behaupten. Dokumentarfilm, USA/ Deutschland 2019, 93', OmU. Tom Bergmann wird bei der Filmmatinee selbst zu Gast sein und nach dem Film für enuie Diskussiondu Fragen zur Verfügung stehen.

Tom Bergmann (Abiturientia 1997 am Gymnasium Petrinum) wurde in Münster geboren, wuchs in Recklinghausen im Ruhrgebiet auf und lebt und arbeitet heute in New York City. Er ist mit der Animationsfilmemacherin Anna Samo verheiratet und hat zwei Kinder. Er arbeitetals Director of Photography für Dokumentar-, Spiel- und Experimentalfilme mit mehr als 40 Produktionen in seiner Filmographie. Drei seiner jüngsten Arbeiten wurden für Academy Awards nominiert. Zu seine bekannteste Arbeiten gehören die Produktion Life Animated unter der Regie von Roger Ross Williams (für einen Oscar nominiert), Steve James’ Abacus – Small Enough to Jail (ebenfalls für einen Oscar nominiert) oder zuletzt in Zusammenarbeit mit Regisseur Eugene Jarecki The King. Tom Bergmann arbeitet seit zwanzig Jahren mit dem Filmregisseur André Hörmann an gemeinsamen Filmen. In der Zusammenarbeit der beiden entstanden bislang mehr als ein Dutzend Filme, von denen viele auf nationalen und internationalen Filmfestivals mit Preisen ausgezeichnet wurden. Kürzlich haben sie die Arbeit am Langzeit-Dokumentarfilm Ringside über zwei Boxer von der Chicagoer South-Side beendet. Der Film feierte seine Weltpremiere auf der Berlinale 2019. Neben seiner Arbeit als Director of Photography führt Tom Bergmann auch selbst Regie, so bei seinem neuesten Projekt ‚From Spring to Spring’, einem Film über den kulturellen Wandel in New York City während und nach der Pandemie. In den letzten Jahren hat Tom an Dokumentarfilmen in Indien, China, Vietnam, Nepal, Usbekistan, Russland, Mexiko und Kuba gearbeitet.